Mehr Nutzen für das Nutzfahrzeug

23. Januar 2025
Veröffentlicht von: Eugenia van Beest

Textquelle: Tim Knott (Bauhof-online) | Bildquelle: Tim Knott (Bauhof-online), Schoon

Dass Kommunalfahrzeuge manchmal etwas speziellere Aufbauten benötigen, um für die zahlreichen Herausforderungen des Arbeitsalltags gerüstet zu sein, ist kein Geheimnis. Oftmals kann der Nutzfahrzeug-Hersteller allein hier nicht weiterhelfen und verweist an einen Spezialisten für Branchenlösungen – Spezialisten wie Schoon. Ursprünglich als Schmiede gegründet, ist das Unternehmen aus dem ostfriesischen Wiesmoor schon seit mehr als 60 Jahren am Markt. Wie der Alltag der Aufbau-Experten abläuft, hat sich die Bauhof-online-Redaktion vor Ort ein wenig genauer angesehen.

„Da, wo die Werkbank des Fahrzeug-Herstellers aufhört, kommen wir ins Spiel“, berichtet Schoon-Geschäftsführer Thorsten Brietzke beim Gang durch das Werk. In der großen Halle werden zahlreiche Nutzfahrzeuge mit individuellen Aufbauten für verschiedenste Einsatzzwecke versehen. Hier liegt ein Mitarbeiter unter einem Transporter und arbeitet an der Verkabelung einer Zusatzbeleuchtung, dort wird ein Kranaufbau eingestellt und im hinteren Teil der Werkstatt laufen die Vorbereitungen eines Fahrgestells für den kommenden Spezialaufbau. Das Portfolio des Unternehmens ist groß, und für den Nutzfahrzeug-Umbau sind verschiedenste Varianten möglich.

Denn „der vordere Teil des Fahrzeugs ist ja nur zum von A nach B fahren. Die Ladefläche können wir jedoch branchenspezifisch anpassen“, so Brietzke. Neben den bekannten Pritschen, Spriegeln oder Kofferaufbauten sind auch die eigens konstruierten Varia-Boxen ein wichtiges Element bei der Anpassung. In den praktischen Alu-Kästen hinter der Passagierkabine lassen sich zahlreiche Ausrüstungsgegenstände unterbringen. Dazu steht eine Vielzahl an Organisationselementen wie Systemschubladen zur Verfügung, durch die Anwender von beiden Seiten des Fahrzeugs Zugriff haben. Besonderer Vorteil: Die Boxen sind aus zweilagigem Aluminium, deswegen können Anwender sie auch selbst modifizieren, um z.B. Aufhängungen und ähnliches festzunieten, ohne dass Wasser eindringen kann.

Ähnlich durchdacht seien auch die zahlreichen kleineren Anbauten, wie Brietzke berichtet. Vom Besenhalter-Element bis zu Zusatz-LEDs, durch die ein Fahrzeug auch dann noch sichtbar ist, wenn die hintere Bordwand der Pritsche heruntergeklappt ist und die Rücklichter des Autos verdeckt. Auf Details komme es hier besonders an. „Deswegen ist der Kontakt und das Feedback der Kunden so wichtig. So bekommen wir Hinweise aus der Praxis, wie wir uns weiter verbessern können“, beschreibt der Geschäftsführer.

Daniel Düsentrieb auf ostfriesisch

„Sie merken schon, ich könnte ewig hier weitererzählen“, erklärt er begeistert, während er den zweiten Teil der Halle betritt, in dem sich schon von weitem das Zischen der Schweißgeräte wahrnehmen lässt. Brietzke selbst ist seit 26 Jahren im Betrieb. Ursprünglich als Steuerfachangestellter eingestellt, hat er sich hochgearbeitet. „Solche Biografien sind bei uns nicht selten.“ So hätten zahlreiche Mitarbeiter ihre Lehre bei dem Unternehmen absolviert und seien ihm nach wie vor treu geblieben. Unter anderem liege das auch an den anspruchsvollen Aufgaben der Aufbaulösungen. Brietzke spricht bei seinen Konstrukteuren immer wieder von den „Daniel Düsentrieben“ – in Anlehnung an den genialen Erfinder aus dem Donald Duck-Universum. „Unsere Mitarbeiter brauchen Herausforderungen und die können wir bieten.“ Mit einer Bewegung weist er auf die Schweißer in der Halle, die mit der Konstruktion von Stahlrahmen beschäftigt sind. „Wenn die Kollegen den Auftrag bekommen würden, 400 identische Elemente zu schweißen, dann würden sie wahrscheinlich fragen. ‚Alle gleich? Wieso?‘. Denen sind anspruchsvolle Aufgaben wesentlich lieber.“

Neben den Umbauten, um die sich die „Daniel Düsentriebe“ kümmern, bestehen für andere Aufgaben, wie z.B. die Elektrifizierung von Fahrzeugen, langjährige Partnerschaften mit Zweitfirmen. „Wir haben viele Partner, aber wirklich fest arbeiten wir aber nur mit vielleicht 20 Unternehmen zusammen. Das ist einfach sinnvoller, um eine intensive Zusammenarbeit zu erreichen.“

Jede Menge Transporter

Auf dem Weg zu dem zweiten Werk der Ostfriesen wird deutlich, wie groß das eigentliche Gelände von Schoon ist. So geht die Tour an zwei großen Parkplätzen voller Transporter vorbei. Anscheinend hat das Unternehmen einen großen Flächenbedarf. „Haben ist besser als brauchen“, kommentiert Brietzke die Erkenntnis. Ein Motto, das besonders in den vergangenen Jahren von Vorteil war. Aufgrund der zahlreichen Materialknappheiten in Pandemie und Ukraine-Krieg, gab es Monate, in denen die Hersteller entweder gar nicht oder sehr ruckhaft liefern konnten. „Mal kamen 20 Fahrzeuge pro Woche, mal 60, mal gar keine“. Um die unberechenbaren Fahrzeugmengen irgendwo unterzubringen, kam es vor allem auf viel Lagerplatz an. Deswegen hat die Unternehmenszentrale mittlerweile noch weitere Flächen erschlossen. Sicher ist sicher.

Hinter den Autoplätzen ist Werk 2 schon in Sicht. Während Werk 1 zum Aufbau von Fahrgestellen dient, ist die zweite Halle dem Ausbau von Kastenwägen gewidmet. Vom lebensmittelsicheren Bäckermobil bis zum Sprinter für die Kanalreinigung ist alles dabei. Verkaufsleiter Christian Kampmann führt durch die Einrichtung und gibt Einblicke in die typische Konzeption eines Fahrzeugs: „Individuelle Konzepte bedürfen einer kompetenten, persönlichen Beratung, das schafft kein Konfigurator. Deswegen sind unsere Außendienstler täglich deutschlandweit unterwegs und persönlich bei den Kunden. Alternativ kann die Beratung auch bei uns im Werk stattfinden.“ Denn neben dem persönlichen Austausch seien Einblicke in die Werkstatt und die Umbauprozesse ebenfalls hilfreich, um mögliche Aufbauten genauer zu erklären.

Bei vielen Aufträgen haben die Ostfriesen sich mittlerweile eine Routine erarbeitet. Komplikationen im Ablauf, zum Beispiel aufgrund unerwarteter Abweichungen am Grundfahrzeug, kommen zwar ebenfalls vor, aber „es ist eine Stärke von uns, hierauf jederzeit individuell reagieren zu können“, so Kampmann. Auch kurzfristige Anpassungen seien in Abstimmung mit den Kunden an den Fahrzeugen möglich. Klingt zwar etwas hektisch, aber niemand hat gesagt, dass es immer einfach ist, Daniel Düsentrieb zu sein.